Muss es wirklich so umfangreich und kompliziert sein, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen? Bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes und der CSRD-Berichtspflichten beobachte ich immer wieder: Unternehmen machen sich das Leben schwerer als nötig. Aus Angst, etwas zu übersehen, werden in der Wesentlichkeitsanalyse zu viele Themen und zu viele Indikatoren für relevant erachtet.
Das Ergebnis sind überladene Berichte, die kaum jemand liest, frustrierte Geschäftsführungen und überforderte Teams.
Angstmarketing führt zur Lähmung
Der Markt trägt seinen Teil dazu bei: Berater und Tool-Anbieter präsentieren die Anforderungen oft als übermäßig komplex und behaupten, man könne alle Herausforderungen durch künstliche Intelligenz und umfassende Datenerhebungen lösen. Das klingt verlockend, führt aber selten zu zielgerichteten Ergebnissen.
Das Angstmarketing vieler Berater und Toolhersteller hat ganze Arbeit geleistet: Das Monster CSRD ist geschaffen, die Bürokratie ist schuld. Verbände und liberale Parteien ätzen.
Paradoxerweise führt es dazu, dass viele gerade nicht zum digitalen Zauberstab greifen, sondern gelähmt sind von der eingebildeten Hydra und der Vielfalt ihrer möglichen Bezwinger.
Was tun?
Jeder Unternehmer weiß: Wer versucht, alles abzusichern und alle Risiken zu beherrschen, erhöht unweigerlich die Bürokratie – und zwar hausgemacht.
Ein besserer Ansatz ist, pragmatisch zu starten. Unternehmen können selbstverständlich im ersten Jahr mit einem minimalen, aber zweckmäßigen Bericht anfangen. Identifizierte Lücken werden systematisch festgehalten, bewertet und in den Folgejahren gezielt aufgearbeitet. Dieser evolutionäre und agile Ansatz vermeidet Überforderung und schafft Raum für kontinuierliche Verbesserung. Außerdem ist es ein Märchen, Unternehmen würden für diesen Ansatz abgestraft, etwa von Prüfern, Behörden oder Stakeholdern. Solange Lücken nicht vertuscht werden, ist das kein Problem – auch nicht seitens des Wirtschaftsprüfers.
Im Übrigen muss kein Unternehmen 1.194 Datenpunkte berichten; und niemand muss zu Aspekten berichten, zu denen er keine Daten hat – selbst dann nicht, wenn das nach der Wesentlichkeitsanalyse gefordert wäre.
Weniger ist mehr – aber mit Urteilskraft!
Tatsächlich gilt: Es muss weniger gemacht werden, als viele denken – dafür aber mit mehr Reflexion und Urteilskraft. Denn gerade in einer Demokratie braucht es Unternehmen, die Verantwortung klug und nachhaltig übernehmen. Das sehen die CSRD und ihr Berichtsstandard, der ESRS, auch ausdrücklich vor.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Es geht schlauer, wenn Unternehmen small und simple starten und sodann Schritt für Schritt das Reporting nach ihren Zwecken entfalten!
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